Angst vor europäischer Konkurrenz in Kenia
Bauern gegen EU-Partnerschaft
Nairobi. In Kenia machen Bauern Front gegen die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) mit der EU, die zum Jahresende für alle Staaten aus dem afrikanisch-karibisch-pazifischen Raum (AKP) unter Dach und Fach sein sollen. Mit einem Protestmarsch zur deutschen Botschaft in Nairobi gaben sie ihrem Unmut vor wenigen Tagen Ausdruck und forderten von der Bundesregierung, die derzeit den EU-Vorsitz führt, eine klare Absage an die nach ihrer Auffassung unfairen Bedingungen, die mit den EPAs auf sie zukommen.
Auch von der eigenen Regierung erwarten die lokalen Produzenten Widerstand gegen die umstrittenen Verträge, die nach Auslaufen des 2000 unterzeichneten Cotonou-Abkommens am 31. Dezember 2007 die Beziehungen zwischen der Union und den AKP-Staaten regeln sollen, aber noch lange nicht ausgehandelt sind.
Festgehalten sind die EPAs als Ablösung des 2002 in Kraft getretenen Cotonou-Abkommens in dem Vertragswerk selbst. Mit den EPAs sollen die über Jahre aufrechterhaltenen Handelspräferenzen, die die EU den AKP-Staaten einräumte, an die Freihandelsprinzipien der Welthandelsorganisation (WTO) angeglichen werden.
Die Bauern in den AKP-Staaten rechnen mit dem Schlimmsten und fürchten nicht nur ein Ende des zollfreien Zugangs zur EU, sondern auch die Überschwemmung des eigenen Marktes mit hoch subventionierten und entsprechend billigen europäischen Konkurrenzprodukten. Zurzeit gelangen 97 Prozent der kenianischen Exporte zollfrei in die EU, darunter auch Schnittblumen, die sich nach Angaben des kenianischen Ministeriums für Handel und Industrie zum Topdevisenbringer entwickelt haben.
Hartes Los der Bauern
Vielen kenianischen Bauern geht es schon jetzt schlecht. Einer von ihnen ist Michel Ruchu. "Ich muss wesentlich mehr Geld in meine Legehennen investieren, als ich durch den Verkauf der Eier einnehme", klagt er. Umgerechnet 2.200 US-Dollar kosten ihn seine 500 Hennen monatlich, die Einnahmen aber liegen bei gerade mal 992 Dollar. Verantwortlich macht der Bauer dafür die billige Konkurrenz aus dem Ausland und die Liberalisierung des Welthandels.
Für die Belange von Menschen wie Ruchu setzt sich der kenianische Verband der Kleinproduzenten KSSPA ein. Mit von der Partie im Kampf gegen die EPAs sind aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen wie 'EcoNews Africa' mit Sitz in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. "Wir brauchen eine Garantie dafür, dass uns die EPAs nicht in den Ruin treiben", unterstreicht Peter Aoga von 'Econews', einer Organisation, die sich im afrikanischen Osten für Themen wie nachhaltige Entwicklung und fairen Handel engagiert.
Regierung für Abkommen
Die kenianische Regierung aber hat kein offenes Ohr für die Klagen der Bauern. "Für Kenia ist es absolut entscheidend, dass alles für ein Abkommen bis zum Jahresende getan wird", meint David Nalo aus dem Ministerium für Handel und Industrie. Schlagender Grund sei die Tatsache, dass die EU einer der wichtigsten kenianischen Handelspartner sei, sowohl als Abnehmer wie auch als Lieferant von Rohstoffen und Zwischenprodukten.
Nach offiziellen Angaben machen die Exporte in die EU 26 Prozent des gesamten kenianischen Außenhandels aus. Zudem kommen über 35 Prozent der kenianischen Rohstoff- und Zwischenproduktimporte aus der EU zollfrei auf den kenianischen Markt. Das gleiche gilt für so essenzielle Einfuhren wie Medikamente.
Eine Gefährdung sieht Nalo für den Fall, dass das EPA scheitern sollte, nicht zuletzt für die massiven Investitionen in kenianische Industriezweige, die für den europäischen Markt produzieren. Diese Investitionen liegen bei über 700 Millionen Dollar und sorgen direkt und indirekt für mehr als eine Million Arbeitsplätze. Auch fürchtet der Experte sofortige negative Auswirkungen für die Steuereinnahmen, wenn das Abkommen nicht zustande kommen sollte.
Für die kenianischen Bauern ist die Position der Regierung absolut inakzeptabel. Sie teilen ihre Sorgen mit vielen Bauern in anderen AKP-Staaten.
Quelle: afrika.info